Kommentar von Herbert Starmühler
Herausgeber energie:bau Magazin

KOMMENTAR – Man kann es unsozial nennen, aber es ist die richtige Entwicklung: Das Privatauto kommt schön langsam aus der Mode.

Zurück zur Pferdeeisenbahn? Nein, aber die Verhältnisse ändern sich. Foto: Herbert Starmühler

Nun hat also das EU-Parlament ernst gemacht: Nach 2035 setzt es Strafen für die, die dann noch in der EU Pkw oder Kleinlaster mit Verbrennungsmotoren verkaufen. Es sind also dann nur noch Elektroautos gestattet. Ein bemerkenswerter Erfolg der Vernunft. 

Das Gezeter der vereinigten Weltuntergangs-Beschwörer wurde zur Kenntnis – aber nicht ernst genommen. ADAC, ÖAMTC, Automobilverbände und eFuels-Freunde – sie alle wollten die Übergangsfrist möglichst bis zum St. Nimmerleinstag verschieben. Ist das ein Wunder? Konzerne wie Daimler, Audi und BMW verdienen Milliarden mit den Verbrennerautos. An ihrer Stelle würden Sie und ich auch für längere Fristen lobbyieren.

Doch dem Klima tut der Beschluss (der noch abgesegnet werden muss) gut. Im Gegenteil: Ein früherer Termin wäre noch besser gewesen. Denn die Logik des Kampfes gegen die Hitze ist ziemlich klar:

  1. Verbrenner-Fahrzeuge werden generell verboten.
  2. Private Elektroautos in den Städten werden stark eingeschränkt.
  3. Öffentlicher Verkehr + Carsharing dominieren die Städte.
  4. Fliegen wird teuer und eingeschränkt.
  5. Überland-Züge oder E-Busse sorgen für Fernverkehre.

Das heißt also: Umstieg auf Elektroantriebe, wobei diese im Privatauto nur mehr in ländlichen Gebieten zulässig sein wird. Also dort, wo der Ausbau des öffentlichen Verkehrs zu teuer ist.

Das Auto wird zum Luxusgut: Schon stellen sich die Autokonzerne darauf ein und streichen kleine Fahrzeuge aus dem Programm, Premium-Kisten bringen mehr ein, in Europa, USA oder China. Das ist, wenn man es in alten Wertevorstellungen sieht, die unsoziale Komponente der Entwicklung: Nur mehr die Reichen können sich ein Privatauto leisten.

Die geniale Variante lautet: Nur die Reichen müssen noch selber fahren, weil sie es dem Ego schulden, einen Panzer SUV durch die Straßen zu zeigen. Der Normalo, die Normala lässt sich chauffieren. Oder fährt – jetzt prestigeförderlich – mit dem Fahrrad.

Und was heißt das für das Bauen? Nicht viel. Außer dass es eine Revolution ist. Wir bewegen uns anders, arbeiten anders, leben anders als in den vergangenen Jahrzehnten. Die Straßen werden für Fahrräder optimiert, die Garagen müssen neuen Nutzungen offenstehen, die Lademöglichkeiten für öffentliche E-Busse sind zu bauen, es wird leiser in der Stadt, die Gemeinschaftsflächen in den Bauten wachsen, die Wohngrößen schrumpfen.

Es gibt zu tun. Bauen wir die neue Welt!

 

 

Herbert Starmühler

Dr. Herbert Starmühler

Herausgeber energie:bau Magazin

ist Herausgeber dieser Publikation energie-bau.at und verschiedener Fachmagazine im Bereich Technik, Architektur und Energieeffizienz. Als seit Jahren leidenschaftlicher E-Auto-Fahrer und Bezieher eigenen Sonnenstroms ist der Journalist jederzeit für innovative Ideen zu begeistern und holt sich beim Networken gerne Inspiration für neue Projekte.