Kommentar von Heinz Kopetz
ehemaliger Präsident, Welt-Biomasseverband

Herr Bundeskanzler Kurz hat erfreulicherweise die Bedeutung der Klimapolitik und die Wichtigkeit der erneuerbaren Energien hervorgehoben. Der rasche Ausbau von Windenergie, Photovoltaik, Wasserkraft und Biomasse bietet Österreich tatsächlich viele Chancen. 

Herr Kurz hat über die Klimapolitik beim ORF-Sommergespräch gesprochen. Foto: ORF/Hans Leitner

Auch die Rolle des Wasserstoffs für die Industrie und die Energiespeicherung wurde von ihm verständlich dargestellt. Allerdings mit der Ablehnung der CO2 Steuer blieb KURZ die Antwort auf die Schlüsselfrage schuldig, wie eine Regierung KURZ 2 die Emissionen rasch genug senken und damit das Paris Abkommen einhalten will. Sein Plädoyer für freiwillige Maßnahmen und CO2 Zölle wird die Emissionen in Österreich eben so wenig senken wie in den letzten 30 Jahren. Die Argumente gegen die CO2 Steuer waren nicht überzeugend, sie waren teilweise irreführend.

ARGUMENT 1: Verdreifachung der Treibstoffpreise ist schlichtweg falsch.

Eine Methode in der Argumentation besteht darin, Vorschläge ins Lächerliche zu übertreiben und dann vom Tisch zu wischen. Das tat KURZ. Es gibt keinen Steuervorschlag, der die Treibstoffpreise verdoppelt oder verdreifacht. Der Vorschlag von ENERGYPEACE beispielsweise sieht vor, dass alle einen Klimabonus von 200 Euro erhalten, die Lohnnebenkosten gesenkt, und Sonderregelungen für die Exportindustrie, Pendler und Landwirtschaft eingeführt werden. Im Gegenzug sollen die Preise fossiler Treib-und Brennstoffe durch eine CO2 Abgabe auf ein Niveau knapp unter jenem von 2014 erhöht werden. Das entspricht einer Verteuerung von 20 bis 25% und nicht einer Verteuerung von 100% bis 200% wie Kurz argumentiert. Und diese Verteuerung von 20 bis 25% wird durch den Klimabonus und Sonderregelungen für Pendler kompensiert im Gegensatz zum Jahr 2014.

ARGUMENT 2: Rettung des ländlichen Raums durch Ablehnung der CO2 Steuer stimmt nicht!

Der ländliche Raum ist durch den Klimawandel extrem bedroht. Das zeigt gerade das Beispiel Waldviertel. Als Folge des Klimawandels werden orkanartige Böen und die Invasion von Schädlingen immer bedrohlicher. Riesige Windwürfe und Schadholzmengen durch Borkenkäfer führen zu einem Überangebot an Holz, zu einem katastrophalen Preiseinbruch und damit zu einer Existenzkrise der Forstwirtschaft. Ähnliches droht der Landwirtschaft durch Dürre in anderen Teilen Österreichs. Wer dem ländlichen Raum helfen will, muss den Klimawandel bekämpfen, daher die Emissionen senken und darf nicht durch ein Festhalten an einer Tiefsteuerpolitik für fossile Energien den Klimawandel beschleunigen. Denn sonst verlieren viele Menschen im ländlichen Raum die Existenzgrundlage.

ARGUMENT 3: Wer wissenschaftliche Fakten bei Seite schiebt, trifft falsche Entscheidungen.

Kurz relativierte die Bedeutung wissenschaftlicher Fakten als Entscheidungsgrundlage. Dies ist im Zusammenhang mit dem Klimawandel fatal und zeigt eine tiefgreifende Fehleinschätzung der Größe und Dringlichkeit des Problems. Die Menschheit steht durch die Erderwärmung vor einer einmaligen historischen Bedrohung, die nur abgewendet werden kann, wenn möglichst viele Länder, ihre Emissionen sofort und drastisch senken; Österreich auf unter 60 Mio. t im Laufe der kommenden Regierungsperiode, also bis 2025. Parteiführer wie KURZ aber auch die Vorsitzenden von SPÖ und FPÖ, die diese Aufgabe aktuellen politischen Tagesfragen unterordnen und eine CO2 Steuer als wirksamstes Instrument zur Senkung der Emissionen ablehnen, zeigen, dass sie nicht daran denken, die erfolgslose Klimapolitik Österreichs der letzten 30 Jahre grundsätzlich zu ändern. Es gilt:

Wer auf einer Tiefsteuerpolitik für fossile Energien beharrt, beschleunigt den Klimawandel; Wer den Klimawandel beschleunigt, zerstört unsere Lebensgrundlagen!

Heinz Kopetz

Heinz Kopetz

ehemaliger Präsident, Welt-Biomasseverband

war im Jahr 2013 Vorsitzender der REN Alliance, einem Netzwerk der globalen Industrieverbände für erneuerbare Technologien wie Wind, Solar, Wasser, Geothermie und Bioenergie und Präsident der World Bioenergy Association von 2012 bis 2016.