Kommentar von Peter Stockreiter
Obmann und Geschäftsführer des Netzwerks Solarhaus Österreich
Jeden Freitag führen uns Tausende von Schülerinnen und Schülern - zwischenzeitlich unterstützt von ihren Eltern, Großeltern und Wissenschaftlern - den Handlungsbedarf für tatsächlich greifenden Klimaschutz vor Augen.
Foto: martin ruehrenschopf architecture
So auch am vergangenen Freitag, dem 15. März, als wir in Salzburg das „Netzwerk Solarhaus Österreich“ gegründet haben. Allein in Österreich gingen an dem Tag in elf Städten Zehntausende von jungen Menschen auf die Straße und appellierten an die Politiker, endlich konsequent und wirksam für die Vermeidung von klimaschädlichen Treibhausgasen tätig zu werden.  

Handeln statt weiter warten
Wir, das heißt unser Netzwerk, das wir mit 32 Gründungspartnern aus der Taufe gehoben haben, vertreten die Meinung, dass die Lösungen für die CO2-Reduktion da sind und dass sie schnellstmöglich flächendeckend in die Praxis umgesetzt werden sollten und können. Wir wollen handeln und sofort anwendbaren, effektiven Klimaschutz mit vorantreiben, anstatt auf „Lösungen von oben“ zu warten.

Unsere Lösung für mehr Klimaschutz, das Solarhaus, bezieht sich auf das Bauwesen, denn bekannterweise wird durch den Einsatz von fossilen Brennstoffen zur Beheizung von Gebäuden ein beträchtlicher Anteil an CO2-Emissionen erzeugt. Tatsache ist aber auch, dass die Energiewende die Sektoren Wärme, Strom und Mobilität beinhalten muss. Deshalb schließen wir beim Solarhaus-Konzept die Stromerzeugung mit ein.

Unser oberstes Ziel ist, dass so wenig CO2 durch Gebäude und in ihrer Energieversorgung produziert werden sollte wie nur möglich. Deshalb haben wir strenge Kriterien definiert - strengere Vorgaben, als es bei anderen ähnlichen solaren Bau- und Energiekonzepten der Fall ist. Zwei Eckpfeiler haben wir:

CO2-freie Energieversorgung für Wärme und Strom
Bei einem Solarhaus nach unserer Definition muss die Energie für die Raumwärme, Warmwasser und Strom zu 100 Prozent CO2-frei erzeugt werden. Wie das gehen kann? Der Energiebedarf für die Beheizung und zur Erwärmung des Dusch- und Trinkwassers soll zu mindestens 70 Prozent mit Solarthermie erzeugt werden. Der Restenergiebedarf kann mit einer Holzheizung oder einer Wärmepumpe erzeugt werden. Wird eine Wärmepumpe genutzt, muss der Antriebsstrom mit Solarstrom vom eigenen Dach oder fremdbezogenem zertifiziertem 100% Ökostrom gedeckt werden. Letzteres gilt für die gesamte Stromversorgung in dem Gebäude. Der Bedarf an elektrischer Energie kann wahlweise durch selbst erzeugten Solarstrom oder einen Öko-Stromvertrag mit UZ46-Zertifikat gedeckt werden.

CO2-neutrale Gebäudehülle
Eine CO2-neutrale Gebäudehülle, der zweite Eckpfeiler des Solarhaus-Konzeptes, kann durch Holzrahmenbauweise mit Stroh- oder Zellulosedämmung oder Holzmassivbauweise erreicht werden. Dies ist allerdings nicht obligatorisch. Bauherren können sich aber auch für Ziegelmassiv- oder Betonbauweise entscheiden.

Ziel ist in jedem Fall ein gut wärmegedämmtes Niedrigstenergiegebäude mit einem Heizwärmebedarf bis zu maximal 35 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr beziehungsweise erfüllten klimaaktiv-Gebäudekriterien. Niedrigere Werte für den Heizwärmebedarf sind natürlich möglich und auch erwünscht.

Wichtig ist uns außerdem unsere Unabhängigkeit von der Industrie. Es geht uns darum, praktikable Konzepte zu realisieren und nicht eine Industriesparte zu fördern.

Lukrative Förderung für Solarhäuser
Unser Konzept besitzt bereits politische Unterstützung. Seit 2014 fördert der Klima- und Energiefonds der österreichischen Bundesregierung besonders energiesparende Häuser. In dem Förderprogramm „Demoprojekt Solarhaus“ wird für Gebäude mit einem solaren Deckungsgrad von mindestens 70 Prozent ein Zuschuss bis zu 50 Prozent der umweltrelevanten Investitionskosten gezahlt. Deshalb orientieren wir uns im Punkt „CO2-freie Energieversorgung“ an diesem Förderprogramm und setzen 70 Prozent solaren Deckungsgrad durch Solarthermie voraus.

Das Förderprogramm „Demoprojekt Solarhaus“ wird durch Begleitforschung ergänzt. Auf unserer Gründungsveranstaltung hat Ewald Selvicka, Geschäftsführer für die Bereiche Finanzen, Controlling und Projektmanagement bei AEE INTEC, Ergebnisse vorgestellt. Bei 88 Projekten hat sein Team bisher beraten, für 35 Projekte gibt es Begleitforschung. „Es sind spannende Erkenntnisse und grundsätzlich zufriedenstellende Ergebnisse“, fasste Selvicka zusammen. Sein Team habe ein großes Potenzial der Bauteilaktivierung für hohe solare Deckungsgrade feststellen können. Bauteilaktivierung könne in Gebäuden dafür sorgen, dass die „volle Behaglichkeitsbandbreite“ genutzt und Speichervolumen optimiert werden könne. Die Bauteilaktivierung spielt auch in unserem Konzept eine wichtige Rolle.

Die Forschung von AEE INTEC beweist, dass das solare Bau- und Energie-Konzept praxiserprobt ist und funktioniert. Also: Nicht mehr lange diskutieren und bis zum Sankt-Nimmerleinstag forschen, sondern jetzt das umsetzen, was schon möglich ist und CO2-Emissionen deutlich reduziert.

Informationen zum Netzwerk Solarhaus Österreich, Mitgliedern und Vorstand sowie geplanten Aktivitäten: www.solarhaus.co.at
Peter Stockreiter

Peter Stockreiter

Obmann und Geschäftsführer des Netzwerks Solarhaus Österreich