Laut den Innenraumexperten Peter Tappler und Hans-Peter Hutter wird mit vielen Desinfektions-Sprühnebenln in Innenräumen kein Coronaschutz erzeugt.

Der Club Beehive in Sanghai (noch vor Corona): Gute Lüftungen sind gefragt, Desinfektionsnebel eher sinnlos. Foto: Ayrton Lighting

Mittlerweile gilt als gesichert, dass das Virus SARS-CoV2 überwiegend in Innenräumen übertragen wird. Sicher ist auch, dass eine gute Lüftungssituation die Zahl erregerhaltiger, feinster Tröpfchen in der Luft absenkt und damit das Ansteckungsrisiko in Räumen, in denen sich infizierte Personen befinden, deutlich verringert.

Die beiden Wiener Innenraum-Spezialisten Peter Tappler, gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für Innenraumschadstoffe und Schimmel und Hans-Peter Hutter, Facharzt für Hygiene und Mikrobiologie, nahmen die aktuelle Corona-Situation zum Anlass eines Sondernewsletters.  Sie schreiben: Neben "Tröpfchen- und Schmierinfektion" tritt immer mehr ein möglicher Infektionsweg über Aerosole ins Zentrum der Betrachtung. Große Unsicherheiten bestehen daher in Hinblick auf die Rolle von Lüftungs- und Klimaanlagen.

Gute Lüftung ist kein Risikofaktor
Nun klärt sich der Nebel langsam. Man geht davon aus, dass moderne raumlufttechnische Anlagen in der Regel keinen Risikofaktor für Übertragungen darstellen. Sie besitzen sogar, wenn sie, wie das in modernen Anlagen mittlerweile Standard ist, keine Umluftanteile haben, eine protektive Wirkung. Anders dagegen bspw. Kühlgeräte oder Ventilatoren, die die Luft im Raum umwälzen - hier ist Vorsicht angebracht.

Die Aussagen gelten nicht nur für das Corona-Virus, sondern für alle Krankheitserreger wie Grippe- oder Schnupfenviren - vor allem aber für zukünftige Herausforderungen.

Im aktuellen Newsletter der beiden Wiener Innenraumexperten heißt es zum Thema Desinfektion:

"Von unnötigen „Desinfektions"-Maßnahmen, wie permanentes Vernebeln von Wirkstoffen, wird von renommierten Hygienikern wie der österreichischen Gesellschaft für Hygiene, Mikrobiologie und Präventivmedizin (ÖGHMP, 2020) oder dem deutschen Robert-Koch-Institut (RKI) dringend abgeraten.

„Von unnötigen „Desinfektions"-Maßnahmen, wie permanentes Vernebeln von Wirkstoffen, wird dringend abgeraten.“

Das RKI gibt auf seinen Seiten Hinweise zur Desinfektion gegen Sars-CoV-2, in denen es heißt: „Eine Sprühdesinfektion (...) ist wenig effektiv und auch aus Arbeitsschutzgründen bedenklich, da Desinfektionsmittel eingeatmet werden können. Auch Raumbe-gasungen zur Desinfektion sind hier grundsätzlich nicht erforderlich.“

Zulassung erforderlich
Biozide benötigen sowohl für den Verkauf als auch für die Anwendung eine Zulassung nach dem österreichischen Biozidproduktegesetz (BGBl. I Nr. 105/2013) bzw. der entsprechenden Verordnung (Verordnung (EU) Nr. 528/2012 – BPV), um zu verhindern, dass Anwender und Konsumenten gesundheitlich und wirtschaftlich geschädigt werden. Dabei wird die Wirksamkeit und die gesundheitliche Unbedenklichkeit der Zubereitungen genau überprüft. Ein „Vernebeln" von Klimaanlagen mit bspw. H2O2 ist (mit speziellen Ausnahmen) ebenfalls weder aus medizinischer noch aus technischer Sicht erforderlich und auch – wenn überhaupt erlaubt – nicht sinnvoll.“

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Die Autoren:
Univ. Lektor DI Peter Tappler ist allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für Innenraumschadstoffen und Schimmel. Er beschäftigt sich seit etwa 30 Jahren mit Schadstoffen in Innenräumen, ist Lehrbeauftragter an der Donau-Uni Krems sowie am Campus Wien und leitet seit 1999 den Arbeitskreis Innenraumluft im Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) – Bereich Analytik. Er ist Mitglied der Innenraumluft-Hygienekommission im deutschen Umweltbundes-amt und Präsident des Bundesverbandes für Schimmelsanierung und technische Bauteil-trocknung.

OA Assoc. Prof. Priv.-Doz. Dipl.-Ing. Dr. med. Hans-Peter Hutter ist Facharzt für Hygiene und Mikrobiologie mit Schwerpunkt Umwelt- und Präventivmedizin und habilitierte 2010 im Bereich Public Health. Er ist stellvertretender Leiter der Abteilung für Umwelthygiene und Umweltmedizin, Zentrum für Public Health an der Medizinischen Universität Wien und leitet seit 2018 den Arbeitskreis Innenraumluft im BMK – Bereich Umweltmedizin.

Hier ein Grundlegender neuer Beitrag eins US-Autorenteams um Leslie Dietz.

Und die teilweise Übersetzung und Ergänzung durch Tappler/Hutter.

(hst)

 

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