Die Klimaschutz-Gebiete in Wien nehmen Gestalt an: Dort dürfen neue Gebäude nur noch gebaut werden...

Die vier meistverwendeten Heizungen in Wien: Versorgte Haushalte. Quelle: Statistik Austria/Google GiveMaker
Die vier meistverwendeten Heizungen in Wien: Versorgte Haushalte. Quelle: Statistik Austria/Google GiveMaker

... wenn klimafreundliche,  hocheffiziente Energien zum Einsatz kommen.

Die CO2-Nebenprodukte von Raumheizungen (und Kühlungen) sind kein Mäuschen, was die Klimaerwärmung betrifft. Also muss hier gehandellt werden. In Österreich brummen laut Statistik Austria über 620.000 Öl- und über 900.000 Gasheizungen. Während nur etwa 13.000 Ölbrenner in Wien die Wohnungen wärmen, steht fast die Hälfte aller Gasheizungen Österreichs in Wien: 411.000 (Erhebung 2017/2018). Immerhin versorgen die Fernwärmeanschlüsse fast ebenso viele Haushalte in der Hauptstadt (409.000).

Nun also die Klimaschutz-Gebiete: Sie wurden in der Wiener Bauordnung festgelegt und befinden sich gerade in Ausarbeitung. Für die Bezirke 2,3,7 und 16 ist mit November 2019 die öffentliche Einsichtnahme abgeschlossen, die restlichen Bezirke folgen 2020. Dann werden die Pläne beschlossen.

Wir befragten Wiens obersten Energie-Planer, Bernd Vogl, Leiter der MA-20:

energie-bau.at: Wie ist der Status der Umsetzung?

Bernd Vogl MA20 F Stadt WienC. FürthnerBernd Vogl, MA-20: Die Mehrheit der Neubauten in Wien befinden sich dann bis voraussichtlich Ende 2020 in einem Klimaschutz-Gebiet. Heizung, Kühlung und Warmwasseraufbereitung von neu errichteten Gebäuden müssen dort entweder über erneuerbare Energie wie Erdwärme, Solarenergie, Biomasse oder über Fernwärme erfolgen. Betroffen sind damit alle Neubauten in diesen Gebieten: Geförderter ebenso wie frei finanzierter Wohnbau, Büros, Geschäftslokale, aber auch öffentliche Gebäude wie Schulen oder Kindergärten.

Was passiert bei einem Dachgeschossausbau?
Ausbauten sind nicht betroffen – nur der Neubau wird so geregelt.

Ab wann gilt es?
Die Energieraumpläne müssen durch den Gemeinderat beschlossen werden. Die Verordnungen für die ersten drei Bezirke sind auf dem Weg zur Notifizierung durch die EU-Kommission nach Brüssel geschickt – spätestens nach drei Monaten ist die Entscheidung zu treffen. Wir gehen, davon aus, dass die ersten Verordnungen kurz vor Sommer 2020 dem Gemeinderat zum Beschluss vorgelegt werden können.

Was prüft Brüssel eigentlich?
Hier geht es um das Wettbewerbsrecht. Die EU-Kommission schaut, ob es marktkonform ist und keine Technologie benachteiligt wird. Nach der Ökodesignrichtlinie wird entschieden.

Und wenn die Bundesregierung nun bestimmt, dass z.B. Gas oder Ölheizung verboten wird?
Das Verbot der Ölheizungen wurde von Brüssel für einige Bundesländer bereits notifiziert, daher kann auch die Bundesregierung davon ausgehen, dass dagegen Brüssel kein Veto einlegt. Bei der Gasheizung hat man sich geeinigt, dass das Gasnetz in bestimmten Gebietennicht weiter ausgebaut wird. Bei der Gasheizung kann über Netzausbau, wie in den Niederlanden, gesteuert werden. Hier hat man sich geeinigt, dass das Gasnetz in bestimmten Gebieten nicht weiter ausgebaut wird.
Das ist vor allem ein Energieraumplanungs-Thema.

Wo soll Gas in der Zukunft noch verwendet werden?
Das ist zuerst auch eine Entscheidung, wo es raumplanerisch und okönomisch noch sinnvoll ist. Grünes Gas an bestimmten Knoten räumlich einzusetzen ist dann jeweils zu entscheiden. Aber wenn es keine Gasleitungen gibt, braucht die Technologie.

Und der Austausch von Gasheizungen?
Hier muss man überlegen, ob es Zonen gibt, wo das Sinn macht, weil Erneuerbare bei Bestandsgebäuden schwieriger umsetzbar sind. Die Hierarchie, auf die sich die Bundesländer schön langsam verständigen, lautet: KWK und Produktionsbetriebe vor Verkehrslösungen vor bestimmten Gebäuden. Also erst wenn es aus mehreren Gründen sinnvoll ist, wird langfristig an bestimmten Stellen grünes Gas zur Verfügung stehen.

Und wenn die EU hier noch größere Beschleunigungen gibt?
Ja, wir diskutieren hier das auch in Wien: Wie kann man Gasthermen durch Wärmepumpen oder Ähnliches ersetzen? Hier wird noch viel geforscht und umgesetzt werden. Wir in der Stadt schauen uns das recht genau an und prüfen die Möglichkeiten der Decarbonisierung von Bestandsgebäuden. So sind wir mit dem Europäischen Wärmepumpen-Verband in Kontakt, um internationale Erfahrungen auszuloten. Die meisten Kapazitäten werden derzeit bei Wärmenetzen gesehen. Allerdings müssen auch diese Netze decarbonisiert werden.

Wie sieht die konkrete Umsetzung bei Neubauten in den Klimaschutz-Gebieten aus?
Wenn in Zukunft ein Bauträger einen Antrag bei der Wiener Baupolizei stellt, wird die Auskunft erteilt, dass hier eben nur Fernwärme oder Erneuerbare möglich sind. Wir gehen davon aus, dass für die Fernwärme auch der erneuerbare Anteil ausgebaut wird.

(hst)

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