Zweischneidig: Während der wirtschaftliche Aufschwung in der EU in einigen Bereichen für Verbesserungen sorgte, gefährden seine Folgen die Klima- und Energieziele 2020.

Das EU-Monitoring zeigt nur geringe bis keine Verbesserungen bei Umweltschutz und der Bekämpfung des Klimawandels. Foto: pexels

Welche Fortschritte hin zu den UN-Nachhaltigkeitszielen hat die EU in den letzten fünf bis 15 Jahren erreicht? Dieser Frage geht der neueste Monitoring-Bericht des europäischen Statistikamts Eurostat nach, der unter der Leitung des Instituts für Nachhaltigkeitsmanagement der Wirtschaftsuniversität Wien erstellt wurde. Bereits seit 2007 analysiert das Institut die nachhaltige Entwicklung der EU und untersucht den Weg hin zu ihren wirtschafts-, sozial- und umweltpolitischen Zielen. Der Monitoring-Bericht 2019 basiert auf offiziellen europäischen Statistiken. Nun zeigt die Auswertung der Daten für die letzten fünf Jahre deutliche Fortschritte der EU in den Bereichen Wirtschaftswachstum, Beschäftigung, Armutsbekämpfung und Gesundheit, aber nur geringe bis keine Verbesserungen bei Umweltschutz und der Bekämpfung des Klimawandels.


Verbesserungen am Arbeitsmarkt und bei Armutsgefährdung

Was den Arbeitsmarkt betrifft, zeigen sich deutliche Verbesserungen. Seit 2013 wachse das Pro-Kopf Bruttoinlandsprodukt kontinuierlich um rund 1,9 % pro Jahr. „Im selben Zeitraum ist die EU Beschäftigungsquote von 68,4 % auf einen neuen Rekordwert von 73,2 % im Jahr 2018 gestiegen, wodurch nun auch das ‚Europa 2020’-Ziel, diesen Wert auf 75 % zu erhöhen, in Reichweite liegt“, sagt Markus Hametner, Projektleiter am Institut für Nachhaltigkeitsmanagement der WU und leitender Wissenschaftler bei der Erstellung des Eurostat-Berichtes. Auch die Langzeitarbeitslosigkeitsrats sei gesunken und weniger junge Menschen wären arbeitslos. Auch zeigen die Ergebnisse Verbesserungen bei Armuts- und Ausgrenzungsgefährdung sowie Wohnqualität. Die Anzahl der in der EU von Armuts- und Ausgrenzungsgefährdung betroffenen Personen erreichte mit 113 Mio. in 2017 einen neuen Tiefstand. Trotzdem seien nach wie vor 22,4 % der EU-Bevölkerung gefährdet, was bedeutet, das hier das „Europa 2020“-Ziel, diesen Wert bis 2020 um 20 Mio. Personen zu verringern, voraussichtlich verfehlt werden wird.


Umwelt- und Klimaziele gefährdet

Was die Klima- und Energieziele der EU für 2020 anbelangt sieht es aber sehr düster aus. Der Bericht zeigt, dass der Material- und Energieverbrauch der EU seit 2014 kontinuierlich gestiegen ist, was auch zu einem neuen Höchstwert bei der Energieabhängigkeit der EU – vor allem von Russland – führte. „Wurde 2003 weniger als die Hälfte des Energiebedarfs der EU importiert, so mussten 2017 bereits 55,1 % durch Importe gedeckt werden, auch weil der Ausbau erneuerbarer Energien in der EU mit dem Anstieg des Energieverbrauches nur bedingt Schritt halten konnte. Insgesamt führte dies zu einer leichten Zunahme der EU Treibhausgasemissionen seit 2014“, so das Urteil. Markus Hametner schließt daraus: „Ohne eine Trendumkehr läuft die EU Gefahr, alle ihre Ziele für 2020 – neben der 20-prozentigen Verringerung der Treibhausgasemissionen eine 20-prozentige Erhöhung der Energieeffizienz sowie eine Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien auf 20 % – zu verfehlen.“ Das Bild der EU im Hinblick auf ihre Klima- und Energieziele hätte sich also in den letzten Jahren deutlich verschlechtert.


Flächenversiegelung und Artensterben

Auch beim Umweltschutz sieht es ähnlich aus. Nur geringe Fortschritte zeigen sich über die letzten fünf Jahre. Die Fläche terrestrischer Schutzgebiete im Natura 2000 Netzwerk 2018 sei leicht zurückgegangen, während die Flächenversiegelung weiter an Fahrt aufnehme. Die fortschreitende Flächenversiegelung und die Intensivierung der Landwirtschaft zeigen laut dem Monitoring-Bericht unter anderem deutliche Auswirkungen auf die Biodiversität in der EU. Seit Anfang der 90er seien Populationen von Schmetterlingen und Feldvögeln in Europa um ein Drittel eingebrochen. „Unsere Analysen der Entwicklungen der EU in Bezug auf nachhaltige Entwicklung in den letzten Jahren zeigen ein deutliches Bild: geht’s der Wirtschaft gut, geht’s uns allen gut – außer der Umwelt“, fasst WU-Forscher Hametner die bedrückenden Analysen der Eurostat-Daten zusammen. Hier kämen also wichtige Pflichten auf die neue EU-Kommission zu, die im Herbst 2019 ihr Amt antreten wird. (sis)

 

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