Zwei geplante Gesetze, viel Gezanke und kritische Stimmen. Die relevanten Fakten rund um die Novellen und Entwürfe zuden Biomassekraftwerken zusammengefasst.  
Das Biomassekraftwerk Simmering könnte ohne Fördergelder nicht betrieben werden. Foto: Wien Energie
Kaum ein Thema bewegte die Energie-Branche in Österreich in den letzten Wochen so sehr wie die Zukunft der Biomasse-Kraftwerke. Durch mittlerweile zwei Gesetzesentwürfe, diverse Revisionen und viele unterschiedliche Stimmen wurde es zu einem ebenso brisanten wie unübersichtlichen Diskussionsthema. energie:bau nimmt sich diesem an und erklärt die wichtigsten Fragen:  

Warum gab es die Ökostrom-Novelle überhaupt?
Viele Biomasse-Kraftwerke oder Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen hatten in den Jahren 2017, 2018 oder 2019 die Fördermittel verloren bzw. würden diese verlieren. Die Ökostrom-Novelle soll neue Fördergelder für diese Kraftwerke zur Verfügung stellen, damit diese auch weiter in Betrieb bleiben könnten. 

Was genau stand in der Novelle?
Sämtliche Biomasse-Kraftwerke in Österreich, die einen Wirkungsgrad von 60 % erreichen, sollten Förderung aus einem Topf mit insgesamt 150 Mio. € bekommen. Dieses Geld würde von den Stromkund_innen als Teil der Ökostromabgabe kommen. Das betraf ungefähr 50 Kraftwerke in ganz Österreich und die Fördergelder würden auf drei Jahre aufgeteilt werden. Wer wie viel erhalten würde, oblag laut diesem ersten Entwurf dem Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus.  

Weshalb war die SPÖ gegen diese Novelle?
Laut ihnen wäre die Verteilung der Fördergelder zu intransparent. Hinzu kommt, dass die Hälfte der Biomasseanlagen die geforderten 60 % Wirkungsgrad nicht erreichen würden. Sie würden also keine Förderung erhalten. Und noch ein weiterer Faktor spielt hinein, wie Wiens Umweltstadträtin Ulli Sima erklärt. Die Förderhöhen wären reduziert. „Damit müssten fast 50 Anlagen nach nur 13 Jahren Betrieb geschlossen werden, obwohl sie noch Jahrzehnte lang Ökostrom liefern könnten.“ 

Wie konnte die SPÖ die Novelle blockieren?
Dies funktionierte nicht im Nationalrat. Hier erreichte die Regierung die benötigt 2/3-Mehrheit. Im Bundesrat allerdings – also der Länderkammer des Parlaments – hatte die SPÖ genug Stimmen, um ein absolutes Veto gegen die Novelle einzubringen. 

Jetzt gibt es aber einen anderen Entwurf. Wie das?
Am Tag nach der Ablehnung der Novelle im Bundesrat hat Bundesministerin Köstinger sogleich ihren Plan B präsentiert. Dabei handelt es um ein Bundesgrundsatzgesetz, das inhaltlich weiterhin den Erhalt der Biomassekraftwerke garantieren soll, allerdings im Parlament nicht durch eine 2/3-Mehrheit bestätigt werden muss. 

Eine einfache Mehrheit reicht in diesem Fall, weshalb die SPÖ es nicht blockieren kann. Das Grundsatzgesetz braucht allerdings eine Genehmigung der EU-Kommission, was länger dauert, als der ursprüngliche Gesetzesentwurf mit Neuverhandlungen mit der SPÖ. Das führt dazu, dass das Grundsatzgesetz quasi nur den Rahmen für neun Ausführungsgesetze stellt. Die Länder haben nun relativ große Freiheiten innerhalb des Gesetzes, was zu neun unterschiedlichen Regelungen führen kann. 

Diese neue Variante soll Anfang März bereits präsentiert werden. 

Sind damit nun alle zufrieden?
Einige schon. Selbstverständlich die Regierung und Bundesministerin Köstinger. Allerdings haben sich auch andere sehr positiv gegenüber dem neuen Beschluss gezeigt. Auch Franz Titschenbachler, Präsident des österreichischen Biomasseverbands, zeigt sich positiv

„Selbstverständlich begrüßen wir den Vorstoß. Die Verunsicherung in der Branche war durch die gestrige Ablehnung der SPÖ-Bundesräte enorm. Durch die Ankündigung Köstingers (...) gibt es nun wieder Zuversicht  (...).“ Die Landwirtschaftskammer Österreich schlägt einen ähnlichen Tenor an.  

Die SPÖ gibt sich allerdings noch kritischer als zuvor. Sie werfen der ÖVP wegen dem Verweigern einer neuen Verhandlungsrunde „kindische Arroganz“ vor. Energiesprecherin Muna Duzdar: "Die Ministerin missachtet demokratische Beschlüsse. Wenn die Beschlüsse nicht so ausfallen, wie es die ÖVP gerne hätte, dann ändern sie die Spielregeln und schummeln sich durch.“ Die Partei bittet die Regierung zurück an den Verhandlungstisch. 

Andere kritische Stimmen, unter anderem aus der Papierindustrie, werfen der Regierung Klientel-Politik vor. Christian Skilich, Präsident der Interessensvertretung Austropapier verweist dabei darauf, dass Köstinger Vizepräsidentin der Landwirtschaftskammer ist und Generalsekretär Josef Plank (BMNT) bis vor einem Jahr Vorsitzender des Österreichischen Biomasseverbands war. 

Auch die Energieexpertin der Arbeiterkammer, Dorothea Herzele, kritisiert. Sie verlangt mehr Transparenz und Effizienz: „Das Geld muss so effizient wie möglich eingesetzt werden und nicht via Blankoscheck.“ Sie verweist auch darauf, dass Biomasse nicht optimal für die Stromerzeugung sei und besser im Bereich Wärme aufgehoben wäre. (flb)

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