Ein Aufschrei der Elektrotechniker_innen gegen die geplanten Änderungen in der OIB Richtlinie 6: Die Formulierungen verhinderten ökologisch „sinnvolle Innovationen“.
Bundesinnungsmeister Gerald Prinz: „Wir sollten uns nicht belügen!“ Foto: Starmühler
Der Grund für eine recht geharnischte Stellungnahme ist der neue Entwurf zur OIB-Richtlinie 6. Diese Bauordnung ist Grundlage für die Erstellung des vorgeschriebenen Energieausweises und damit auch Wegweiser, wohin es mit dem zukünftigen Haus- und Wohnbau gehen soll. Derzeit ist der Entwurf im Begutachtungsstadium, im Frühjahr 2019 soll er Gesetz werden und damit die Grundlage für die Berechnung von Energieausweisen liefern.

Schlechte CO2-Bilanz
Und hier hapert es stark an Fairness, meinen zumindest die Elektrotechniker_innen – und bekommen Rückendeckung vom Fachverband der Ingenieure sowie von der gesamten WKO: Dem elektrischen Strom, hierzulande zu über 70 % aus erneuerbaren Quellen stammend, würden so viele Öko-Defizite zugeschrieben, dass er sogar eine schlechtere CO2-Bilanz als Gas aufweise.
Aktuell wird elektrischer Strom im Entwurf mit 248 g/kWh/CO2äqu belastet (Gas mit 247 g). Zum Vergleich: eControl weist Strom mit 61 g/kWh/CO2äqu aus.

Schön- und schlechtrechnen
Bei einer Pressekonferenz am Mittwoch in Wien sagte Gottfried Rotter, Geschäftsführer der e-Marke Österreich: „In diesem Entwurf sollen bewusst manche Technologien schön- und der Strom schlechtgerechnet werden. Lobbying-Einflüsse sind klar zu erkennen und müssen aufgezeigt werden. Ich glaube, dass es Zeit ist, auch einmal die Bevölkerung aufzuklären, welche negativen Auswirkungen auf unsere Zukunft und vor allem auf die Zukunft unserer Kinder im Entwurf der neuen Bauordnung versteckt sind.“ Auch von Elektrotechniker-Bundesinnungsmeister Gerald Prinz kommt Kritik: „Leistbares Wohnen wird durch die neue Bauordnung behindert. Wir haben eine Verantwortung für unsere Kinder und wollen uns nicht belügen!“

Roman Weigl Foto Starmuhler klIngenieurs-Vertreter Roman Weigl: „Die Zahlen im Entwurf sind nicht nachvollziehbar.“
Kritik an Richtlinie

Die Elektrotechniker-Innung stellte im Zuge der Pressekonferenz ihre Kernvorwürfe vor:

"Der Entwurf der neuen Bauordnung – die OIB RL6 ...
... verhindert leistbares Wohnen,
... arbeitet gegen die Mission 2030 der Regierung,
... verkennt (ignoriert?) technische Fakten,
... verhindert energieeffiziente Systeme,
... erschwert effiziente und hygienische, dezentrale Warmwasserbereitung,
... rechnet Strom als Primärenergiefaktor bewusst schlecht, und
... ignoriert die bestehenden Konversionsfaktoren von der E-Control."

Rotter und die e-Marke fordern daher eine 1:1-Anrechnung bei der Förderung, wie es bereits bei der E-Mobilität gemacht wird. Roman Weigl vom Fachverband der Ingenieure: „Wir wollen als unabhängige Ingenieure keine Präferenzen für bestimmte Technologien aussprechen. Aber es ist offensichtlich, dass hier ein Energieträger aus politischen Gründen benachteiligt werden soll.“

Forderungen auch von WKO
Der gleichen Meinung ist offenbar die gesamte Wirtschaftskammer: Die Stabsabteilung Wirtschaftspolitik der WKO fordert in ihrer Stellungnahme dazu die „Einführung einer Energieaufwandszahl für Strom aus erneuerbaren Energien. Nachdem Strom einen Primärenergieträger darstellt, wenn dieser direkt aus erneuerbaren Energiequellen gewonnen wird, wird in dieser Hinsicht die Einführung einer eigenen Energieaufwandszahl für Strom aus erneuerbaren Energien mit 1,005 gefordert.“ (hst)

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