Kommentar von Florian Born
Redakteur, Starmühler Agentur & Verlag
Kleine Umstellungen und Sharing haben einen positiven Einfluss auf die Welt und unser Klima. Und sie verlangen nicht mehr als ein paar kurze Gedanken und ein bisschen Planung. 
Nur zusammen können wir einen Einfluss auf die Welt haben. Teilen kann einen größeren Einfluss haben, als wird denken. Bild: Rawpixel
Achja: Die schöne eigene Welt. Das eigene Haus mit eigenem Garten, möglichst weit weg von anderen. Das eigene Auto, mit genug Platz für eine Großfamilie und genug Kraft für zwei weitere. Die eigenen Fahrräder für eine Ausfahrt alle zwei Wochen. Und was auch immer das Herz der braven Konsumierenden noch begehrt. Wir arbeiten gut und gern weiter darauf hin, unseren Besitz zu häufen.  

Wer an dieser Stelle eine glühende Rede gegen jeglichen Besitz und für den Kommunismus befürchtet, der sei beruhigt: Darum geht es nicht. Doch wir müssen uns eingestehen, dass wir in einer Welt des Besitzes leben. Allen gehören Dinge, manchen mehr, manchen weniger. Das Ziel ist in der Regel: Mehr.  

Tagtäglich werden wir mit Besitz konfrontiert. Wir sehen, was andere haben, was wir noch wollen und in der Werbung, was wir noch haben könnten. Unsere Welt dreht sich um Besitz. Ohne unseren Konsum würden Unternehmen pleitegehen. Stattdessen ermöglichen wir ihnen saftige Gewinne. Das ist keine globale Verschwörung, aber doch etwas, das wir nicht ignorieren können.  

Wir sind – ob wir wollen oder nicht – Teil eines Systems. Und dieses System, das auf Konsum und Besitz ausgelegt ist, zerstört unseren Planeten. Punkt.  

Wenn Sie mir nicht glauben, werfen Sie einen Blick auf die Fakten: Transport und Industrie kamen 2016 zusammen auf 43 % des globalen CO2-Ausstoßes. Mit jedem Besitz – egal ob Auto, Haus, Handy oder Bohrmaschine, wächst dieser Anteil, denn schließlich muss dieser ja produziert und zu uns transportiert werden. Vielleicht ist dieses Stück am Kuchen nicht das größte. Aber dieses Argument ist auch nur eine äußerst unsubtile Methode, um die Verantwortung von sich selbst wegzuschieben. Vor allem, weil Besitz nicht immer zwingend ist. 

Nehmen wir das Beispiel Auto: Dieses irreführend als „Fahrzeug“ benannte Stück Ingenieurskunst steht ungefähr 90 % seines Lebens herum. Warum muss man dieses Auto besitzen, wenn man es sich auch – und passen Sie nun auf dieses Schlagwort auf – teilen kann? Oder – noch ein Schritt weiter – man teilt sich gleich die ganze Fahrt mit anderen Menschen. Im Bus oder Zug. 

Oder ein anderes Beispiel: Besitzen Sie eine Bohrmaschine? Falls ja, überlegen Sie bitte, wie oft Sie diese Bohrmaschine im letzten Monat oder Jahr eingesetzt haben. Von den 8.760 Stunden im Jahr war es in den meisten Fällen bestimmt nicht einmal ein Prozent. Gleiches könnte ich Sie auch zu Ihrem Rasenmäher oder Ihren High-Tech-Fensterreiniger fragen. Die Zahl wäre nur geringfügig anders. Erneut: Man könnte sich diese Geräte mit anderen Menschen teilen.  

Bei all diesen Aspekten ist vor allem ein Gedanke elementar: Sie wirken sich höchstens marginal auf unser Leben aus. Das einzige, das sie verlangen, ist Planung und eine geringfügige Umstellung unserer Gewohnheiten und Gedanken. Aber Sie bieten uns im Ausgleich auch Vorteile.  

Zum einen hilft lokales Sharing jedes Produkts, das wir sonst selbst kaufen würden, ein klein wenig beim Kampf gegen den Klimawandel. Zum anderen hat es auch einen positiven Einfluss auf unsere Brieftasche und auf den benötigten Stauraum.  

Wieder ein Beispiel: Wenn sich eine Siedlung von Einfamilienhäusern den Rasenmäher teilt, braucht es weniger Geräte, weniger Stauraum und einen Zeitplan, der bestimmt, wer wann dran ist. Entweder ganz altmodisch mit Stift und Papier oder digital. Carsharing macht seit Jahren vor, wie das funktioniert. 

Aber das gilt nicht nur für Autos und Gartengeräte, sondern lässt sich auch auf Wohnraum ummünzen. Denn ein großes Mehrparteienhaus verbraucht nachweislich weniger Ressourcen, als ein gleich gedämmtes Einfamilienhaus. Übrigens trägt auch eine Reduktion der Wohnfläche positiv zu unserem ökologischen Fußabdruck bei, aber das ist eine andere Geschichte. 

Und wir können so etwas auch bei der Energie andenken. Anstelle alle nur mit unseren eigenen Solarpaneelen für unseren eigenen Strom zu sorgen, arbeiten wir zusammen und helfen einander. Wir teilen miteinander, um einen positiven Effekt für alle zu erzeugen.

Heißt das jetzt, dass wir komplett vom bisherigen Weg abkehren und uns dem Kommunismus zuwenden sollen?

Nein.

Aber es heißt, wir sollten nachdenken, bevor wir handeln. Wir sollten effizienter und klüger agieren. Es verlangt niemand, dass Leute jetzt auf der Stelle ihren Wohnort aufgeben und alles frei nach Marie Kondo wegwerfen. Aber wir sollten überlegen, ob es eine Alternative gibt, die sich ohne großen Aufwand umsetzten lässt. Carsharing in größeren Städten. Geräte mit der Siedlung teilen. Bücher in der Bibliothek ausleihen, wenn verfügbar. Das nächste Smartphone doch gebraucht zulegen und reparieren statt ersetzen. 

Einerseits zum Wohl der Welt und andererseits zum Wohl der eigenen Brieftasche. Denn auch wenn die Werbung uns anderes einredet: Letztlich macht es für unser Glück keinen Unterschied, ob wir Besitz neu kaufen oder aus zweiter/dritter/vierter Hand; Autos besitzen oder ausleihen; oder einen eigenen Rasenmäher haben oder mit der Siedlung einen teilen. 

Bei Interesse an Sharing kann man sich zum Beispiel bei Nachhaltig in Graz oder auf sharing-economy.at informieren. Es gibt schon jetzt zahlreiche Möglichkeite und sie werden bestimmt nicht weniger.
Florian Born

Florian Born

Redakteur, Starmühler Agentur & Verlag

schreibt als Redakteur bei energie:bau über die aktuellen Entwicklungen von Energie, Bau und Klima.