Das neue Seminar- und Vertriebscenter für den Systemanbieter Viega erzeugt mehr Energie, als es verbraucht. 

Dank integraler Planung entstand ein kompaktes und doch transparent wirkendes Gebäude für Viega. Foto: ATP/Kupall

Das von ATP Wien und ATP sustain konsequent integral mit BIM geplante Gebäude eine Rekordpunkteanzahl gemäß den Anforderungen der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) und wurde mit dem Zertifikat in „Platin“ ausgezeichnet. Nach der Fertigstellung erzeugt das Gebäude mehr Energie, als es verbraucht. 

Von der hohen ökologischen und ökonomischen Qualität des Gebäudes können SeminarteilnehmerInnen künftig aktiv lernen, denn das rund 3.000 m2 große Gebäude wird als Best-Practice-Beispiel selbst zum Schulungsinhalt: Wasser- und Energiebedarf, externe Wärmeeinträge und interne Kühllasten, Nutzungsphase sowie Geothermie-Daten werden einem umfassenden Monitoring unterzogen. SeminarteilnehmerInnen können diese bewerten, wodurch das Gebäude selbst zum „lebendigen“ Beispielobjekt wird.

Schauen und Schulen

Das Viega Seminar- und Vertriebscenter befindet sich am Ortsausgang der oberösterreichischen Gemeinde Attersee. Es handelt sich um einen dreigeschossigen „Zweckbau“ mit einem schlichten, doch gestalterisch hochwertigen Erscheinungsbild. Die Architektur betont die hohe Funktionalität, die diesem Gebäude als integrierter Niederlassung einerseits und als Seminarcenter bei weit mehr als 1.500 BesucherInnen pro Jahr andererseits zukommt. 

Als Gebäudeform wählte man ineinandergeschobene, kompakte Kuben zur Minimierung der Fassadenfläche, die gleichzeitig die Nutzungseinheiten von außen sichtbar machen. Großzügige Glasflächen eröffnen einen Panoramablick über den See und das pittoreske Höllengebirge.


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Die Schulungs- und Schauräume werden elegant in den Bau integriert. Foto: ATP/Kupall

Best Practise in Nachhaltigkeit

Da das Schulungscenter zum neuen Leuchtturm für Viega sowie zum interaktiven Best-Practice-Beispiel für die Viega-Seminare werden sollte, waren Nachhaltigkeit und Energieeffizienz dem Auftraggeber ein großes Anliegen. Dementsprechend erfüllt das TGA-Konzept, von ATP Wien gemeinsam mit ATP sustain, der Forschungsgesellschaft für nachhaltiges Bauen, entwickelt, modernste Kriterien des Green Deal. So wurden baulich „passive” Maßnahmen gesetzt, um den Energiebedarf so gering wie möglich zu halten, etwa die Bauweise sowie die hohe Luftdichtheit.

Hohe Luftdichtheit

Das Gebäude erzielt bei einer Messung der Luftdichtheit nach ISO 9972 einen Wert von n50 = 0,32 1/h für die Luftwechselrate bei 50 Pascal, wobei nach Ausschreibung ein Wert von n50 ≤ 0,6 1/h gfordert war. Auch die Positionierung und Ausrichtung der opaken und transparenten Bauteile sind aus energetischer Sicht optimal, da das Gebäude im Frühjahr/Herbst sowie in den Wintermonaten von der großzügigen Sonneneinstrahlung profitiert und in den Sommermonaten vor einer „Überwärmung“ geschützt ist. Durch die Minimierung von auskragenden Bauteilen und Ausschnitten sind geringe Wärmeverluste zu erwarten.

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Dichte Hülle, gute Lage, geringer Energie-Verbrauch zeichnen das Gebäude aus. Foto: ATP/Kupall



Geothermie, Photovoltaik u.a.

Hinzu kommen zahlreiche „aktive” Maßnahmen in Form von Anlagen und gewählten Systemen. Das ATP-Planungsteam setzte auf die Nutzung von regenerativen Energiequellen wie eine Geothermieanlage zur Bereitstellung als auch zur Pufferung, auf mechanische Lüftung mit hocheffizienter Wärmerückgewinnung und auf Abgabesysteme mit Niedertemperaturniveau. Stets legte man Wert darauf, die Viega-Produktpalette in der Haustechnik möglichst vielseitig einzusetzen: im Bereich Trinkwasser, bei der Flächenheizung und bei den Heizungsinstallationen.

Die am Dach installierte PV-Anlage eliminiert die Betriebs-CO2-Emission und erzeugt 100 % regenerativen Strom, wodurch nicht nur der Eigenbedarf vollständig gedeckt werden kann, sondern Strom auch ins Netz eingespeist wird.
Das erfolgreich umgesetzte Planungskonzept mit der kompakten Gebäudehülle, dem optimierten Flächenverhältnis (opaken und transparenten Bauteilen) und dem hocheffizienten Energiesystem zeigt sich im erzielten Gesamtenergieeffizienzfaktor fGEE von 0,37 (Anforderungswert gem. OIB RL 6 liegt bei 0,85) widergespiegelt.

Die eigene modernste Gebäudetechnik kann Viega künftig gleich am „lebenden” Objekt demonstrieren: Das neue Seminarcenter ist selbst Seminarinhalt, da alle im Gebäude ablaufenden Prozesse einem lückenlosen Monitoring unterzogen werden – sichtbar und nachvollziehbar für die TeilnehmerInnen. Zentrale Installationen, wie beispielsweise das Trinkwasser-Management oder Brandschutzinstallationen, bekommen hier also eine konkret fassbare Dimension.


Mit DGNB-„Platin“ und klimaaktiv-„Gold“ ausgezeichnet
„In enger interdisziplinärer Zusammenarbeit mit den Nachhaltigkeits-ExpertInnen von ATP sustain konnten wir ein höchst effizientes Energiekonzept entwickeln“, so Architekt Horst Reiner, ATP-Partner in Wien. Das Neubauprojekt erreichte eine Rekordpunkteanzahl gemäß den Anforderungen der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) und wurde bereits mit dem Vorzertifikat in „Platin“ ausgezeichnet. Auch nach Fertigstellung erzielte das Gebäude höchste Bewertungen der DGNB und erhielt ebenfalls das Platin-Zertifikat.

Die DGNB betonte bei der Verleihung vor allem das hohe Leistungsniveau des Neubaus, welchen sie als ein „bemerkenswertes Vorzeigeprojekt“ beschrieb.
Über diese Auszeichnung hinaus strebte Viega die von der Österreichischen Regierung initiierte „klimaaktiv“-Auszeichnung „Gebäudestandard Gold“ an und erhielt das Zertifikat im August 2021.
Diese Auszeichnungen zeigen, dass das Gebäude neben der hohen Baukonstruktions- und energetischen Qualität auch hohe sozio-kulturelle Qualitäten aufweist. Die Prozessqualitäten wurden durch die Integrale Planung von ATP architekten ingenieure sichergestellt.


Projektdaten:

Auftraggeber: Viega GmbH Österreich
Ort: Attersee, AT
Baubeginn: 07/2019
Fertigstellung: 04/2021
Bruttogeschossfläche: 3.300 m2
Bruttorauminhalt: 17.400 m3

Integrale Planung: ATP architekten ingenieure, Wien
Bauphysik, Brandschutz: ATP sustain
Gesamtprojektleiterin: Nora Westphal

Externe Planungspartner
Licht: Hailight
Landschaftsgestaltung: Bauchplan
MSR: TROX HGI
Ausstellung: Atelier Markgraph
Küche: Ronge GmbH
Zertifizierung: Meckmann und Kollegen
BIM: e3d RWTH Aachen


Fotos: © ATP/Kuball

 

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