Viren, Aerosole und Infektion: Umwälzen allein ist nicht genug – fünfmal pro Stunde sollte ein kompleter Luftwechsel stattfinden. Umluft-Lüftungen ohne Filter sollten ausgeschaltet werden.

Maske ist gut, Distanz ebenfalls und ausreichende Lüftung in Innenräumen essentiell. Foto: Archiv

Die österreichische Bundesregierung hat sich nun einem Positionspapier der bundesdeutschen Kommission Innenraumlufthygiene (IRK) am Umweltbundesamt angeschlossen (und in einer eigenen Stellungnahme weitgehend übernommen). Darin heißt es:

Aerosole sind ein möglicher Übertragungsweg des neuartigen Corona-Virus. Aerosole verteilen sich insbesondere in geschlossenen Innenräumen schnell im gesamten Raum. Regelmäßiges Lüften durch Stoß- und Querlüften oder über Lüftungstechnik in den Räumen kann das Risiko einer Infektion mit SARS-CoV-2 deutlich reduzieren.

Maske, Distanz und Querlüftung
Die IRK empfiehlt, in Innenräumen bei der jetzigen virologischen Kenntnislage für eine möglichst hohe Zufuhr von Frischluft zu sorgen. Dies ist notwendig ungeachtet anderer Schutzmaßnahmen wie dem Einhalten von Mindestabständen oder dem Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung.

Bei Fensterlüftung ist eine Querlüftung optimal, die über einen Durchzug über möglichst gegenüberliegende weit geöffnete Fenster Raumluft schnell gegen Frischluft austauscht. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass es durch die Lüftung nicht zu einer Verbreitung infektiöser Aerosole in andere Räume kommt. Als wirksam gilt auch eine Stoßlüftung bei weit geöffnetem Fenster (besser mehrere in einem Raum gleichzeitig) über einige Minuten Dauer. Bei Husten und Niesen einzelner Personen, egal ob zu Hause, im Büro oder in der Schule, sollte sofort eine Stoßlüftung durchgeführt werden. In stark belegten Räumen ist das bloße Ankippen der Fenster kaum wirksam, auch wenn dies dauerhaft erfolgt.

Wer nun glaubt, man müsse nur ein bisschen mehr über Fenster lüften, erntet ein müdes Lächeln der Experten.
Peter Tappler, Hans-Peter Hutter

Umluft-Lüftungen abschalten!
Beim Betreiben von Lüftungsanlagen (RLT-Anlagen) sollte der Anteil der Umluft während der SARS-CoV-2-Pandemie, sofern keine hochabscheidende (virenabscheidende) Filter im Lüftungssystem eingebaut sind, möglichst gegen Null gefahren werden. Sind in Schulen raumlufttechnische Anlagen vorhanden, was selten der Fall ist, sollten diese bei der derzeitigen Pandemie möglichst durchgehend laufen.

In der Pause: Fenster auf!
Für Schulen empfiehlt die IRK beispielsweise in jeder Unterrichtspause intensiv bei weit geöffneten Fenstern zu lüften, bei längeren Unterrichtseinheiten von mehr als 45 Minuten Dauer auch während des Unterrichts.Anmerkung: Wenn sich die Fenster überhaupt öffnen lassen.

Laut deutscher IRK (Stand: 14.8.2020) können CO2-Ampeln als Anhaltspunkt für gute oder schlechte Lüftung dienen. Eine CO2-Konzentration im Innenraum kleiner 1000 ppm (0,1 Vol-%) zeigt unter normalen Bedingungen einen hygienisch ausreichenden Luftwechsel an. Weitere Anmerkung: Diese CO2-Ampeln sind derzeit oft schwer zu bekommen, weil ausverkauft.

Bisschen Lüften genügt? Müdes Lächeln!
Österreichs Parade-Innenraumluft-Experten Peter Tappler und Hans-Peter Hutter schreiben dazu: „Eine ausreichende Lüftung von Schulräumen, wie sie in Büros mittlerweile Standard ist, wurde in Schulen seit Jahren sträflich vernachlässigt.

Wer nun glaubt, man müsse nur ein bisschen mehr über Fenster lüften, erntet ein müdes Lächeln der Experten. Fensterlüftung alleine reicht für etwa 15 Minuten, dann müsste wieder gelüftet werden – vor allem im Winter und bei einer lauten Straße vor dem Klassenzimmer wäre dies auch keine wirklich gute Idee.

Problem: Fenster lönnen nicht geöffnet werden
Weitgehend unbekannt ist auch, dass die Fenster in zahlreichen Schulen versperrt sind oder gar nicht mehr geöffnet werden können. Man möchte ja nicht, dass sich die tobenden und balgenden Rotznasen aus dem Fenster stürzen oder mit dem Kopf gegen das geöffnete Fenster knallen. Beruhigend ist, dass es viele asymtomatische Verläufe bei Kindern gibt und sie daher vermutlich weniger Viren abgeben. Trotzdem erspart dies nicht infektionsmindernde Maßnahmen.“

Sporträume noch heikler
Bei Sport in Innenräumen muss ebenfalls für ausreichende Lüftung gesorgt werden. Schon bei geringer Belastung ist die Atemfrequenz gegenüber Ruhephasen deutlich erhöht. Die Menge an emittierten Partikeln steigt daher mit der körperlichen Aktivität weiter an. Deswegen sollten Räume, in denen Sport getrieben wird, deutlich häufiger gelüftet werden. Die IRK empfiehlt, dass die verbrauchte Luft jede Stunde fünfmal durch frische Luft ersetzt wird (In einer vorherigen Version hieß es, die IRK empfehle fünfmaliges Lüften pro Stunde. Wichtig ist dabei, dass die Luft ganz ausgetauscht wird. Daher wurde der Satz präzisiert. 14.08.2020).

Mobile Luftreiniger unzureichend
Die IRK hält den Einsatz von mobilen Luftreinigern in Klassenräumen oder zu Hause für nicht geeignet, da sie das aktive Lüften nicht ersetzen, sondern allenfalls in Einzelfällen flankieren können. Chemische Zusätze wie Ozon zur Zuluft oder dem Raum wieder zugeführter Umluft lehnt die IRK aus gesundheitlichen Gründen ab. Das gilt auch für UV-C Lampen im nicht gewerblichen Einsatz.

Stellungnahme der deutschen IRK
Positionspapier zur Lüftung in Schulen vom österreichischen BMK
raumluft.org

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