Was unterscheidet ein Niedrigenergiehaus von einem Nullenergiehaus oder einem Niedrigstenenergiehaus? Im dritten Teil dieser Serie geht es um Gebäudekonzepte von F bis Ö. 

Serie: Das ABC der energieeffizienten Gebäudekonzepte

Welche energieeffizienten Gebäudekonzepte kennen Sie eigentlich? Was ist beispielsweise der Unterschied zwischen einem Passivhaus, einem klimaaktiv-Haus und einem 3-Liter-Haus? Und welche Konzepte werden sich in den nächsten Jahren durchsetzen? Diese Serie gibt Aufschluss.


Das „ChristophorusHaus“ in Stadl-Paura in OÖ ist ein multifunktionales Betriebs- und Verwaltungsgebäude und durch die nachhaltige Holzbauweise mit Passivhausstandard zugleich ein Klimaschutzprojekt und Multi-Komfort-Haus. Foto: CHH/MIVA

Viele energieeffiziente Gebäudekonzepte haben es (noch) nicht in das Bewusstsein der Menschen geschafft. Mit dieser Serie soll nun Abhilfe geschaffen werden. Zusammen mit der Expertise von Unternehmensberater Siegfried Wirth stellt energie:bau gängige Konzepte vor. Diesmal sind Konzepte mit Namen von F bis Ö an der Reihe. 

 

F wie... Fast-Nullenergie-Haus

Heißt im Original Nearly Zero Energy Building und ist in der EU Gebäuderichtlinie [EPBD:2010] als allgemeiner Rahmen ohne zahlenmäßigem Grenzwert vorgegeben.

 

K wie... klimaaktiv-Haus

Der klimaaktiv Gebäudestandard ist ein bundesweit anerkanntes Bewertungssystem für unterschiedliche Gebäudetypen, welches sowohl Klimaschutz als auch Energie- und Ressourceneffizienz bewertet. Darüber hinaus sind Planungs- und Ausführungsqualität, die Qualität der Baustoffe und Ausführung sowie Komfort und Raumluftqualität zentrale Beurteilungskriterien.

Das verantwortliche Programm klimaaktiv Bauen und Sanieren steht für Energieeffizienz, ökologische Qualität, Komfort und Ausführungsqualität. Unabhängig von der Größe des Gebäudes oder seiner Nutzungsart ist gute Planung, die Auswahl der Baustoffe und energieeffizientes Bauen eine große Herausforderung für den Neubau ebenso wie für die Sanierung von Gebäuden.

Der klimaaktiv Gebäudestandard unterstützt Planer_innen und Bauherr_innen bei Bauvorhaben dabei, eine hohe Qualität hinsichtlich Energieeffizienz, Standort- und Ausführungsqualität, Baustoffen, Konstruktion sowie Komfort und Raumluft sicherzustellen. Die Kriterienkataloge für unterschiedliche Gebäudetypen werden in Zusammenarbeit mit dem Energieinstitut Vorarlberg (EIV) und dem Österreichischen Institut für Bauen und Ökologie (IBO) erstellt. Die Bewertungskategorien des klimaaktiv Gebäudestandards werden im letzten Beitrag unserer Serie ausführlich vorgestellt.

 

M wie... Multi-Komfort-Haus

Das Multi-Komfort-Haus wurde von Robert Schild basierend auf dem Passivhaus-Standard entwickelt. „Es ist kein Gebäudetyp, sondern es verkörpert das Ideal eines Gebäudes.“  Besonders geachtet wird auf Nachhaltigkeit, Energieeffizienz und Komfort. Die spezifischen Produkt- und Systemlösungen im Multi-Komfort-Haus erfüllen erweiterte Kriterien sowohl im Neubau als auch bei Sanierung.  Als spezielle Multi-Komfort-Haus-Dimensionen gelten

  • die Gestaltungsfreiheit
  • die benötigte Zeit zur Ausführung der Maßnahmen
  • die Sicherheit
  • die Energieeffizienz
  • die Nachhaltigkeit
  • das Raumklima
  • die Ruhe durch optimierte Raumakustik und erhöhten Schallschutz

Das Konzept wird in Österreich von Isover nicht mehr aktiv angeboten, die ausgezeichnete Broschüre ist immer noch per Download erhältlich.

 

Nearly Zero Energy Building (NZEB)

Die deutsche Fassung der EU Gebäuderichtlinie [EPBD:2010] übersetzt ‚Nearly Zero Energy Building‘ mit ‚Niedrigstenergiegebäude‘. Der geringe Energiebedarf dieser Gebäude soll überwiegend aus erneuerbaren Quellen vor Ort gedeckt werden. Da seitens der EU bewusst nur ein allgemeiner Rahmen vorgegeben war und kein zahlenmäßiger Grenzwert, lag die Interpretation des englischen Begriffes bei den EU-Mitgliedsstaaten. Österreich hat im Nationalen Plan die Erfordernisse für Niedrigstenergiegebäude festgelegt.

Das Nearly Zero Energy Building liegt in seiner realen Ausformung in Österreich zwischen Passivhaus und Niedrigenergiehaus. Es weist eine sehr hohe Energieeffizienz auf. Die EU-Richtlinie schreibt vor, dass alle neuen Gebäude ab 1. Jänner 2021 NZEB- sind.

Die Website der Europäischen Kommission gibt einen vollständigen Überblick über die europäische Energiepolitik.

 

Niedrigenergiehaus (NEH)

Das Niedrigenergiehaus hat dank geringer Wärmeverluste einen niedrigen Energieverbrauch. Gemäß der deutschen Wärmeschutzverordnung 1995 war das Niedrigenergiehaus um 30 % effizienter als der Gebäudestandard, was einem Energiebedarf von 70 kWh/m²a entsprochen hat. Dieser Wert wurde mehrfach reduziert und wird auch regional unterschiedlich gehandhabt. Gemäß ÖNORM 8110-1 hat ein NEH eine EKZ ≤ 50, berechnet nach der 16er-Linie. Die Bandbreite für den Heizwärmebedarf reicht von 45/50kWh/m²a bis rund 30 kWh/m²a.

 

Niedrigstenenergiehaus

Das Niedrigstenenergiehaus ist besser als ein Niedrigenergiehaus, kann oder will jedoch nicht Passivhausstandard erreichen. Gemäß ÖNORM 8110-1 hat es eine EKZ ≤ 25, berechnet nach der 10er-Linie (= Heizwärmebedarf HWB ≤ 25 KWh/m2a). Der sehr geringe Energiebedarf sollte mit erneuerbarer Energie, die am Standort oder in der Nähe produziert wurde, betrieben werden. Oberösterreich hat eine Sonderregelung festgelegt: Gemäß OÖ Wohnbauförderung unterschreitet ein Niedrigstenergiehaus eine Energiekennzahl von 30 kWh/m²a.

Die OIB-Richtlinie 6 definiert: In Umsetzung der Richtlinie 2010/31/EU ist ein Niedrigstenergiegebäude ein Gebäude, das die Anforderungen ab 1.1.2021 des „Nationalen Plans“ (OIB-Dokument zur Definition des Niedrigstenergiegebäudes und zur Festlegung von Zwischenzielen in einem Nationalen Plan gemäß Artikel 9 (3) zu 2010/31/EU vom 20. Februar 2018) erfüllt. Nach dem 31. Dezember 2020 müssen neue Gebäude Niedrigstenergiegebäude im Sinne des Artikels 2, Ziffer 2 der Richtlinie 2010/31/EU sein.

 

Nullenergiehaus = Zero Energy Building

Das Nullenergiehaus wird als Baustandard bezeichnet, faktisch ist es jedoch ein Bilanzmodell: Die Energieproduktion des Hauses deckt rechnerisch den eigenen Bedarf (ohne dessen Höhe zu definieren). Allerdings fallen die Bedarfsspitzen nicht zeitgleich mit den Produktionsspitzen an. Ohne entsprechende Speicher braucht es daher einen Netzanschluss für den Ausgleich (vgl. CO2-neutrales Haus und Energieneutrales Haus).

Der Begriff alleine sagt nichts über die energetische Qualität und den Energieverbrauch aus. Insofern ist es irreführend, das Nullenergiehaus als Weiterentwicklung des Passivhauses zu bezeichnen.

 

Ökohaus

Das Ökohaus ist kein Gebäudekonzept, sondern eher ein Denkmodell: Der Begriff meint Gebäude, bei denen man den gesamten Hausbau von einem ökologischen Standpunkt aus betrachtet. Wichtig ist der Einsatz regenerativer Energien, die Verwendung natürlicher Baustoffe, die Energieeinsparung und eine sparsame Heizung. 

Anforderungen an Baumaterialien:

  • nachwachsende Rohstoffe aus der Natur
  • geringer Aufwand für Gewinnung und Verarbeitung
  • kurze Transportwege, also Gewinnung und Verarbeitung in der näheren Umgebung
  • kein Einsatz von Schadstoffen bei der Verarbeitung
  • Möglichkeit der umweltneutralen Entsorgung

 Anforderungen an den Bau:

  • Zukünftige Nutzung mitplanen (z. B. Mehrgenerationenhaus)
  • Barrierefreiheit
  • Auswahl des Grundstücks (Fokus auf Umwelt)
  • Wirtschaftlichkeit (Bewohner_innenzahl)
  • Baumaterialien (auf Kunststoff möglichst verzichten)
  • Holzfenster mit Dreifachverglasung (U-Wert = 0,6 m²K oder weniger)
  • Wasserverbrauch minimieren (Regenwasser)

Auch die Kostenargumentation ist zeitgemäß – sie heißt inzwischen Lebenszyklusbetrachtung: Üblicherweise fallen die Baukosten für ein Ökohaus höher aus als bei der herkömmlichen Bauweise, weil beispielsweise auf billig hergestellte, mit Chemikalien versetzte Baustoffe verzichtet wird und stattdessen teurere Baustoffe, möglichst aus der Region, verwendet werden.

Leserbriefe, Anmerkungen, Kommentare bitte an redaktion(at)energie-bau.at

ebau newsletter